Nein, meine Suppe ess‘ ich nicht!

Ein Mukoviszidose-Kind sollte ca. 130% der normalen Kalorienmenge aufnehmen,

d.h. ca 1/3 mehr essen als gesunde Kinder. Dabei sollte auf eine ausgewogene, vitamin-, fett- und ballaststoffreiche Ernährung geachtet werden.

Soweit zu den Empfehlungen der Ernährungsberater bzgl. Mukoviszidose – weitere Infos dazu bei der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Homburg/Saar.

Deutlich erinnere ich mich an den Tag, als ich auf Empfehlung unseres Arztes hin, anfing unser vier Monate altes Baby beizufüttern. Bislang war Tim gestillt worden, und gedieh nur langsam entlang der unteren Percentile. Er war recht groß für sein Alter, aber relativ leicht im Verhältnis zur Größe. Die Muttermilch allein würde seinen Kalorienbedarf nicht mehr decken. Als moderne Mama versuchte ich es zunächst mit den klassischen Gläschen: Karottenpüree, angereichert mit etwas Salz und Butter …

Unser Tim war alles andere als begeistert – und es gelang nur mit viel Geduld und Zuspruch, ihn zu füttern. In der Annahme, daß die Industrieprodukte vielleicht nicht dem anspruchsvollen Geschmack meines Sprösslings gerecht werden konnten, versuchte ich es mit der Methode meiner Großmütter: Ich kochte selbst, pürierte alles fein – und: Fehlanzeige! Auch hier war die Fütterung nach wie vor anstrengend für beide Beteiligten. Tim spuckte, drehte sich weg – signalisierte überdeutlich: Essen interessiert mich nicht!

Auf einem der wenigen Felder, auf denen ich mitbeeinflussen konnte, wie seine Krankheit verlaufen würde, wollte ich nicht verlieren: Ich setzte alles dran, Tim – auch gegen seinen demonstrierten Willen – hochkalorisch zu ernähren.

Not macht erfinderisch

Und ich probierte einfach vieles aus.

Die tägliche Gemüse-Ration bekam er schließlich als selbstgekochte Gemüse-Suppe, die er sofort nach seinem Mittagsschläfchen – noch im Halbschlaf – „reingeschüttet“ bekam. Abends und morgens gab es eine Tasse Milch-Sahne-Kakao, die er gerne nahm, zwischendurch pürierten Bananenbrei mit etwas Öl, Fruchtzwerge etc..

Als Tim 11 Monate alt war, stellte ich das Stillen schließlich ganz ein.

Nach wie vor war für ihn Essen eher uninteressant. Auch während des Familienessens büchste er aus, sobald ein paar Bissen genommen und sein erster Hunger gestillt war. Also machte ich es spannend: Bananen (die er mittlerweile abbeißen konnte) bekam er – wie die Äffchen im Zoo – durch die Gitter unseres Kinderstuhls.

Später entwickelte er sich zum absoluten Hunde-Fan – mit zwei Jahren etwa – fütterte ich mein Kind meist, während er unterm Tisch saß und „bellte“, wenn er eine weitere Gabel zu essen bereit war … spätestens jetzt kam seine anhaltende Vorliebe für Fleisch zum Vorschein.

Mit Hilfe dieser Spielchen gelang es, Tim auf ein normales Längensollgewicht zu bringen: Ich war mächtig stolz und es war mir einfach wurscht, ob die Tischmanieren stimmten oder nicht….

Etwas später kombinierte ich das tägliche Baden mit dem Abendessen: Eine sehr angenehme Variante, die nämlich erstens verhinderte, daß Tim wegrennen konnte und zweitens war die Kleckerei bald vergessen.

Märchen und Geschichten erzählte ich ohne Ende, wir hatten eine Menge kleiner Spiele, die nur zum Essen ausgepackt wurden – der Duplo-Tiger war eine geraume Zeitlang reserviert für die Mahlzeiten. Er servierte uns die Enzyme…

Mittlerweile war Tims Ingenieurtrieb erwacht: Er war begeistert von unserer großen Fleischgabel – und wollte fortan mit dieser riesigen Gabel essen … was erlaubt man nicht alles!

Aufällig war immer wieder, wie wählerisch unser Sohn ist: Im besseren Restaurant vertilgt er eine ansehnliche Portion, klebrige Nudeln oder Fertigware läßt er stehen.

Auch zuhause bevorzugt er Selbstgemachtes – ein Glück, dass für uns alle Essen ein Lustfaktor ist, und wir uns die Zeit nehmen können, fast täglich frisch zu kochen.

Wenn ich es recht überlege, grenzt es schon an ein Wunder, dass er heute – 10 Jahre alt – überhaupt keine Probleme mehr macht beim Essen. Es hat sich trotz all dieser Spielchen kein Machtkampf entwickelt, er isst mittlerweile leidenschaftlich gerne (wenn auch nicht alles), sein Längensollgewicht liegt bei 113%…

Manchmal kann man eben mit Geduld zum Erfolg kommen …

S.P.

Wenn Sie Fragen zu diesem Erfahrungsbericht haben, dann schreiben Sie uns. Wir werden Ihre Mail der Autorin weiterleiten.


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