Kinder, Küche, Karriere

Predigt von Susi Pfeiffer-Auler

7. November 2004, Johanneskirche Saarbrücken

Im Sommer fragte mich Pfarrerin Bianca van der Heyden, ob ich, eine der wenigen Nur-Hausfrauen, die ihr so eingefallen waren, nicht Lust hätte, in der Predigtreihe „Arbeit“ zum Thema “Hausfrau” zu predigen.

Ich wußte gar nicht recht: Sollte ich mich jetzt beleidigt oder geehrt fühlen?? Natürlich, die Pfarrerin konnte nicht so genau wissen, dass ich keine klassische Nur-Hausfrau bin – aber mich erschreckte der Gedanke, dass ich SO wirken könnte:

Nur-Hausfrau sein, das klingt für mich ja so gar nicht attraktiv, klingt nach den ganzen Tag putzen, waschen, bügeln, kochen, Betten machen, staubsaugen, einkaufen, Mann und Kinder betüdeln. abends dann vom Gatten mit „Wünsche wohl geruht zu haben“ begrüßt zu werden und sich sonst auch überall anhören zu müssen, dass man wohl nicht arbeitet?

Kurz bevor Bianca mit ihrer Bitte auf mich zukam, hatte ich mich mit einer berufstätigen Frau unterhalten, die mir erzählte, dass sie einen Arabisch-Kurs bei der Volkshochschule belegt habe, und sich jetzt tatsächlich – das stelle man sich mal vor! – mächtig ins Zeug legen musste, damit die einfachen Hausfrauen sie im Lernerfolg nicht etwa abhängen würden…. in ihrem Kopf – wie vermutlich in vielen anderen – waren anscheinend die Hausfrauen ein Synoym für nicht ernst zu nehmenden Doofchen, bestenfalls mit Putzfimmel…

Und jetzt fragte die Pfarrerin MICH, ob ich als Nur-Hausfrau eine Predigt halten möchte zum Thema Arbeit???Ich habe natürlich dankend abgelehnt – ICH bin nämlich gar keine NUR-Hausfrau!!!! Ich bin Informatikerin, Mutter 2er Teenager und arbeite 20 bis 30 Stunden die Woche für den Mukoviszidose e.V. ….Also gut… als Informatikerin arbeite ich seit die Kinder da waren kaum mehr,… und mein Ehrenamt ist im klassischen Sinne kein Beruf – es bringt mir nämlich kein Geld, und keine eigene Sozialversicherung.

Aber die Anfrage der Pfarrerin ging mir nicht aus dem Kopf:: Was heißt denn Hausfrau sein wirklich?

Ich würde mal so sagen:

Hausfrau sein heißt zunächst nur, dass frau vorwiegend zuhause arbeitet und insondre, dass frau kein Geld kriegt für ihre Arbeit!!

Die Tätigkeit selbst ist mindestens genauso vielfältig wie die, die sich hinter Berufsbezeichungen wie „Beamter“, „Sachbearbeiter“ oder auch „Manager“ verstecken.
Mir wurde bei den Überlegungen rund um dieses Thema sehr bewußt , dass auch ich wie soviele meiner Mitmenschen den Begriff „Hausfrau“ negativ besetzt habe. Und das ICH,, obwohl ich immer froh war und bin, dass ich in meiner Lebenssituation mich nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis festnageln lassen musste – ich habe es als persönliches Glück empfunden, dass ich die Wahl hatte und nicht „arbeiten gehen musste“, denn

ich konnte im Gegensatz zu den meisten Müttern meiner Generation meine Kinder ganztags selbst aufwachsen sehen

und ich habe durch die Mukoviszidose-Erkrankung meines 2. Sohnes einen ziemlich straffen täglichen Therapieplan zu begleiten, den ein Kind alleine nicht bewältigen kann. Ausserdem könnte ich meine Funktionen im Bundes-Vorstand des Mukoviszidose-Vereins rein zeitlich vermutlich nicht so einfach in Einklang mit einer Berufstätigkeit bringen.

Also, ich gebe es zu: Ich bin nicht berufstätig…

aber trotzdem hätte ich mich nie und nimmer als Hausfrau bezeichnet. …

nichts nervt mich mehr, als wenn beim Klassentreffen meiner Abi-Klasse jmd, wenn er hört, dass ich nicht berufstätig bin, sagt:

„WAS? Langweilst du dich nicht zuhause? Kinder? Ja, aber die sind doch schon groß! Ach ja, Ehrenamt!…ja, schön, toll, dass du dich so engagierst, ja, aber weißt du, eigentlich finde ich das echt schade für dich, DU hättest doch ganz bestimmt richtig erfolgreich werden können….“

Nicht nur da fällt auf, dass Karriere gleichgesetzt wird mit Beruf, mit bezahltem Job. Dass Karriere auch anders aussehen kann, z.B. erfolgreich sein im Kindererziehen (was ich übrigens von mir gar nicht abschließend behaupten will…) oder erfolgreich sein in einem Ehrenamt, jedenfalls dass es Alternativen gibt, sein Leben sinnvoll und erfolgreich zu gestalten, Karriere zu machen ausserhalb von Beruf, das können sich die meisten Leute gar nicht vorstellen.

Karriere ist, was du auf dem Gehaltszettel stehen hast. Schluss aus.

Dass Zeit für Kinder oder ehrenamtliches Engagement unbezahlbar ist, das sieht kaum einer ernsthaft – man ist „Nur-Hausfrau“ und hat eben nicht Karriere gemacht.

Für mich bedeutet Karriere aber in erster Linie, Begeisterung zu empfinden für das, was man tut

… insofern hab ich nicht nur Karriere als Mutter, Vorstandsfrau oder Köchin sondern vor allem…..als Sängerin gemacht! Es sind eben nicht immer nur die großen „Traumkarrieren“, die Zufriedenheit bringen – und Geld ist bestimmt nicht der alleinige Maßstab für Karriere

Es ist schon interessant: sogar innerhalb der Ehrenamtsarbeit will mancher zuweilen den Erfolg am Geld messen:

Mir selbst liegt das Fundraising, d.h. das Spendeneinwerben für die Erforschung und zukünftige Heilung der Mukoviszidose naturgemäß sehr am Herzen – und ich versuche durch viele Veranstaltungen und intensive Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich erfolgreich zu sein. Und man könnte natürlich den Erfolg dieser ehrenamtlichen Arbeit am Spendeneingang messen…Aber die Aufgaben in unserem – wie in vielen vergleichbaren Selbsthilfevereinen – sind vielfältiger und kaum jemand, der es nicht selbst erlebt hat, kann sich vorstellen, wie hilfreich es ist, wenn man – sein krankes, neudiagnostiziertes Baby im Arm – sich mit tausend Fragen an erfahrene Eltern wenden kann:

Wenn man erfährt, dass trotz einer unheilbaren, vielleicht lebensbedrohlichen Krankheit eine Familie nicht in Depression versinkt sondern glücklich ist, dass das Leben auch mit Krankheit schön und erfüllt sein kann, wenn man sieht, dass es Menschen gibt, die ähnliches erlebt und gemeistert haben, .. Mir jedenfalls haben die vielen Gespräche und die viele Zeit, die andere Muko-Eltern mir gewidmet haben, enorm geholfen – und ich freue mich, wenn ich meinerseits diese Hilfe weitergeben kann…. nur: in Geld- oder klassischen Karriere-Einheiten läßt sich das alles nicht beziffern…

Für mich bedeutet Karriere machen heute auch, die Aufgaben, die das Leben für uns bereit hält, anzunehmen und zu bewältigen.

Die Gesellschaft sieht das ganz anders – kein anerkennendes Feedback, und ein schlechtes Image des „Nicht-Jobs“ Hausfrau – wer möchte sich da wohl gerne als „Nur-Hausfrau“ outen? Da stellt frau sich doch lieber als „Leiterin eines erfolgreichen Familien-Unternehmens“ vor. Und für ehrenamtliche Arbeiter sieht es auch nicht viel besser aus – das Feedback ist zwar meist vordergründig positiv, aber fast immer mit einem Fragezeichen versehen: Für die einen ist man sowas wie Mutter Theresa, andere sehen darin einen Spielplatz für Leute, die zuviel Zeit haben, und wieder andere halten einen schlichtweg für ein bisschen plemplem… Ich würde mir wünschen, dass Ehrenamt ebenso wie Hausarbeit normaler wäre, dass die Leute einfach akzeptieren, dass jmd ohne Honorar etwas leistet, einfach weil sie/er es gerne tut , weil sie/er die Notwendigkeit sieht und weil man ZEIT und Kompetenz kostenlos zur Verfügung stellen möchte…

In diesem Zusammenhang: ein Dankeschön an die Pfarrerin, die mir den Anstoß gegeben hat, diese Dinge einmal zu überdenken und selbst in einem neuen Licht zu sehen. Danke aber besonders auch an meinen Mann, der die Leistungen meiner Nichtberufstätigkeit immer hoch geschätzt, anerkannt und unterstützt hat.

Als ich endlich bei diesen Überlegungen angelangt war, hab ich Bianca van der Heyden dann doch zugesagt.. „ja ok, ich predige zum Thema „Hausfrau““ – und habe aber nochmal gekniffen – und gebeten, den Titel umzubennen in: „Kinder, Küche und Karriere“….

Kinder… für mich sind Kinder der Inbegriff des Lebens, ohne Kinder gäbe es Stillstand, keine Zukunft und alles drehte sich nur noch um sich selbst. Kinder sind heute aber auch ein Luxusgut, sie kosten Geld und vor allem viel Zeit. Kinder und Beruf ist für die meisten Mütter – und besonders für die wachsende Zahl der Alleinerziehenden – noch immer eine immense Kraftanstrengung, denn wer kann es sich schon leisten, eine Ersatzmama, die nebenbei den Haushalt schmeißt, zu beschäftigen?

Eben haben wir aus den Sprüchen Salomos „Das Lob der guten Frau „ gehört; das erinnert sicher viele an ihren eigenen Tagesablauf:

Früh morgens raus aus den Federn, Frühstück machen, Kinder wecken, waschen, anziehen, frühstücken, abräumen, Kinder zur Schule schicken bzw. die Kleinen zur Betreuung bringen, zur Arbeit fahren, ein paar Stunden später quengelig-müde Kinder abholen, Mittagessen kochen, Kinderstreit schlichten, Essen, erklären warum Gemüse gesund ist, verschütteten O-Saft wegputzen, Uff! , Würde mich ja so gerne mal ½ Stündchen hinlegen! , stattdessen Kinder zum Sport-Musik-Mal-Unterricht fahren, Zeit nutzen um Tante Jutta im Krankenhaus zu besuchen, die Kinder schnell wieder abholen, Stau, entschuldigen-Sie-die Verspätung-soll-nicht-wieder-vorkommen-, mit Kindern Einkaufen gehen, erklären warum wir keine neue Barbie-Puppe kaufen obwohl Jana aus dem Kindergarten auch eine hat, Essen machen, Abendessen, Kinder baden, Kinder ins Bett bringen, ein paar Rechnungen bezahlen, fernseher anmachen, bügeln, „Schatz, ich bin ja sooo müde“, ..und einschlafen.

Uff!!!

Eine meiner Bekannten z.B. hat 5 prächtige Kinder, 2 im Haushalt lebende Kaninchen und 5 Rennmäuse, hat immer als niedergelassene Ärztin gearbeitet, und spielt nebenbei noch erfolgreich Theater … die Frau ist einfach immer im Einsatz!!!! <Pause > Ihr Mann? Ja, der ist evangelischer Pfarrer….und kannte die Sprüche 31 bestimmt schon als er auf Brautsuche war!

Im Ernst: ich weiß nicht, wo die von Salomon schon gepriesenen Frauen ihre Energie hernehmen… …aber ich hatte immer den leisen Verdacht, dass viele dieser

Halbtagshausfrauen

(und die meisten Väter) gerade die sogenannte Arbeitszeit nutzen können, um sich —- von dem viel anstrengenderen Job zuhause zu erholen.

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